Rezension

In der Welt herum gekommen sind die Gebrüder Joe und Jamie Carnwath ohne Zweifel. Geboren in den USA, aufgewachsen in England und im Teenager-Alter zog zumindest der jüngere Jamie mit seinen Eltern nach Hamburg, während Joe in London seine erste Band gründete. Nachdem Jamie die Schule beendet hatte, rief ihn sein großer Bruder wieder zurück in die englische Metropole, weil er unbedingt einen Bassisten für sein nächstes Projekt benötigte. Nach vereinzelten Konzerten und gar einer Skandinavien-Tour nahm Jamie den Job des Bassisten bei dem Buddy Holly-Musical an, wo er den Jazz-Schlagzeuger Wolff 'The Wolfman' Reichert kennenlernte.
Nachdem die Spielzeit des Musicals abgelaufen war und auch Joes letzte Band das Zeitliche gesegnet hatte, kam es ganz natürlich zur Gründung von The Obsessions (die sich zunächst
Pay-TV nannten und zwei Alben produzierten, die meinem werten Kollegen Ulli bereits sehr gut gefielen). Und seit Mitte Mai ist nun das erste Werk unter dem neuen Band-Namen auf dem Markt.
The Obsessions spielen auch auf ihrem brandfrischen Werk eine lockere und unverbrauchte Mischung aus Pop und Rock, die den internationalen Vergleich weiterhin nicht zu scheuen braucht. Gitarrist und Sänger Joe ist auch der Hauptsongwriter der Band und hat neun der elf vorliegenden Tracks beigesteuert, während von den anderen beiden Bandmitgliedern jeweils eine Komposition vertreten ist.
Locker, luftig und leicht gehen die Songs ihren Weg, während sie dabei allerdings immer zielgerichtet über gute Melodien und einen tollen Groove verfügen. "Collateral Damage" wartet gar mit einem Gitarren-Sound auf, der angenehm an die kalifornische Surf-Musik der sechziger Jahre im Stile eines Duane Eddy erinnert. Dazu im Hintergrund psychedelische Solo-Sounds und eine interessante Gesangs-Melodie und fertig ist einer der vielfach vertretenen unterhaltsamen Titel dieser Scheibe. Wesentlich rockiger dann "Killer" mit tollen Background Vocals von drei schwedischen Schwestern.
Bald findet der Vierer aber wieder zu Poppigem wie "Something To Live For" (klingt sehr 80er-mäßig), dem mit Reggae-Einflüssen ausgestatteten "What The Woman Wants" oder den drei abschschliessenden Tracks des Albums, bei denen sogar eine Pedal Steel vertreten ist. Nicht, dass man hier in die Country-Musik abdriften würde, die Pedal Steel wird vielmehr sehr sparsam und die Songs unterstützend eingesetzt. Bei "Mr. Man" etwas deutlicher im Vordergrund, als noch bei "The Sting". Sehr stark auch der Rausschmeißer "Love's Great Illusion", der die Scheibe mit Akustik-Gitarre, atmosphärischen Keyboards und erneut überzeugenden Gesangsmelodien abschließt.
Apropos Keyboards: Auch die sind bemerkenswert oft vertreten, werden jedoch im Line-up totgeschwiegen. Geschweige denn, die Person, die sie eingespielt hat. Aber das sollte nicht von dem durchaus sehr guten Gesamteindruck ablenken. Ebenfalls eine Granate ist übrigens der Album-Opener "Gate Crashing", der mit verhaltenen Strophen beginnt, um dann im Refrain mit einer starken Melodie und göttlichen Background Vocals zu überzeugen. Ein beeindruckender Start, dem danach mit den ebenfalls eingängigen und coolen "Back To The Rain" und "Don't Let Me Let You Down" Nachdruck verliehen wird.
The Obsessions ist hier eine überzeugende Scheibe gelungen, der man auch deutlich anmerkt, dass die Protagonisten schon lange nicht mehr grün hinter den Ohren sind und sich definitiv nicht erst seit vorgestern in der Szene aufhalten. Dazu kommt noch, dass den drei Musikern ein hervorragender Ruf als Live-Band voraus eilt. Der poppige Rock dieser Hamburger Band hat nicht nur gute Songs und Abwechslungsreichtum zu bieten, hier ist auch Substanz vorhanden, ohne die ein Album wie das vorliegende nicht möglich gewesen wäre. Klasse Geschichte und Gratulation nach Hamburg!

Quelle: www.rocktimes.de